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Wie dein innerer Kritiker zu einem wohlwollenden Begleiter werden kann

Wir alle führen den ganzen Tag gedankliche Selbstgespräche. Wir denken über Situationen nach, analysieren unseren Alltag, machen uns Gedanken um andere. Die allermeiste Zeit aber, bewerten wir uns selbst, unser eigenes Verhalten, unsere Gedanken, unser Sein und Haben. Leider sind wir dabei immer sehr stark auf den Mangel fokussiert. Die wenigsten von uns stehen morgens auf und sagen zu sich selbst "Wow, was bin ich aber auch eine Naturschönheit so direkt nach dem Aufstehen!" Die wenigsten von uns gehen an die Arbeit und denken sich "Krass, wie toll ich das alles kann - ohne mich, wären die hier verloren!" Nein, im Gegenteil. Wir fragen uns, wo der Pickel schon wieder herkommt, warum der Hosenknopf nicht zugeht und warum die anderen schon wieder schneller ihren Schreibtisch abgearbeitet haben als wir. Eigentlich sind wir ja eh nicht wirklich geeignet für den Job, oder? Nicht belastbar! Wir sollten uns was anderes suchen? Nur was? Und wenn das wieder nicht klappt? 

 

Wenn dir das auch nur in Teilen bekannt vorkommt, lauschst auch du regelmäßig den Worten deines Inneren Kritikers. Dein innerer Kritiker ist eine innere Stimme, die dich maßregelt und dich begrenzt. Dabei ist diese Stimme in den meisten Fällen alles andere als wohlwollend: Die Worte des inneren Kritikers können unfassbar verletzend sein. So wie wir selbst (!) mit uns reden, würden wir (hoffentlich!) nie mit anderen Menschen reden. Und eben weil es so verletzend sein kann, halten wir es für die Wahrheit. Schließlich wollen wir ja nicht eingebildet oder übermütig sein. Eigenlob stinkt. Kleine Brötchen backen haben Mama und Papa schließlich immer gesagt, denn Hochmut kommt vor dem Fall....

 

Und deine Eltern haben recht, wenn sie dich als Kind ermahnt haben und auf Gefahren aufmerksam gemacht haben. In deiner ersten Lebensphase war es wichtig, dass jemand diese Rolle übernimmt, weil du selbst noch nicht ausreichend für dich sorgen und du Gefahren noch nicht erkennen konntest. Sie haben dich beschützt. Da es aber ein absolut natürliches Bedürfnis des Menschen ist, Anerkennung und Lob statt Tadel und Ermahnung zu erhalten, hat dein Gehirn abgespeichert, was du noch nicht kannst, was du besser lassen solltest, damit du in ähnlichen Situationen mit Weitsicht glänzen kannst und deine Eltern dich nicht ermahnen müssen, sondern dich für Vorsicht und Umsichtigkeit loben!

Während die Stimmen von Außen im Laufe Zeit nachlassen, wird der innere Kritiker in dir lauter. Du übernimmst die Stimmen von Außen als innere Selbstgespräche. "Sei hier vorsichtig." "Pass da auf!" Du wirst skeptisch, ob das, was du tust, zielführend ist. Du zweifelst, ob deine Entscheidungen richtig sind. Du wirst unsicher. Vielleicht hast du zwischenzeitlich auch schon mal Erfahrungen des Scheiterns machen müssen. Und plötzlich bekommt dein innerer Kritiker Macht. Er treibt dich zum Zögern an: "Wenn du anderen gefallen willst, solltest du dir keine Fehler erlauben. Wenn du Fehler machst, werden dich die anderen dafür bestrafen..." Dein innerer Kritiker sagt dir nicht nur, was du nicht kannst, sondern bereitet dir auch noch auf einem Serviertablett die Konsequenzen. 

Mehr und mehr schwindet dein Selbstbewusstsein. Worauf kannst du dich noch verlassen? Du fängst an, dir selbst nicht mehr zu vertrauen, kannst dich selbst nicht mehr lenken, hast das Gefühl, keine Kontrolle über dich zu haben und völlig fremdbestimmt zu leben. Dein innerer Kritiker ist zu deinem Motor geworden. Er bestimmt, wer du bist.  

 

Es ist an der Zeit, das Ruder wieder selbst in die Hand zu nehmen. 

Es ist an der Zeit, dein Leben wieder selbstbestimmt zu leben. 

Es ist an der Zeit, dass du dir wieder vertraust und dich traust, dein Leben in deine Hände zu nehmen. 

 

Mach deinen Inneren Kritiker zu deinem wohlwollenden Begleiter! 

Dazu ist es hilfreich eine Metaperspektive einzunehmen und sich den inneren Kritiker mal genauer anzuschauen: Wo kommt er her? Welche Worte nutzt er? Was will er dir eigentlich sagen? 

Du kannst dir zum Beispiel ein paar Minuten Zeit nehmen und mal auf Papier bringen, was dein innerer Kritiker dir so alles mitteilt. Wahrscheinlich wirst du erschrocken sein, über die Härte mit der du selbst mit dir redest. Wie immer ist die Bewusstmachung der erste Schritt. Im Weiteren ist es dann deine Aufgabe wahrzunehmen, wann diese Stimme wieder mit dir spricht: "Aha, da ist sie wieder und sagt mir mal wieder, was ich nicht kann/was ich lassen soll/...". Durch Achtsamkeit kannst du diese Situationen im Alltag bewusst wahrnehmen und dadurch Distanz schaffen. 

Du wirst den inneren Kritiker nicht löschen können. Es sind Gedanken in deinem Kopf und deinen Kopf kannst du nicht dauerhaft abschalten. Aber umso mehr du über deinen Kritiker weist, umso liebevoller kannst du auf ihn reagieren.

Vielleicht gelingt es dir sogar, deinen inneren Kritiker dafür zu achten, dass er gut für dich sorgt, dich auf Gefahren hinweist. Du könntest daraus eine Art Spiel machen: Immer wenn dir dein innerer Kritiker sagt "Das kannst du nicht" antwortest du innerlich "Wetten doch?". 

Das kann ein langer Prozess sein, der in vielen Fällen auch einer Begleitung bedarf, aber es ist nie zu spät anzufangen, dich mit dir auseinanderzusetzen. Du bist goldWERT! 

 

Herzlichst, 

Svenja Lotze